Wir Sind Das Volk

"Gruppe der 20"

Es geschah am 8. Oktober 1989 auf der Prager Straße in Dresden.

Einige tausend friedliche Demonstranten fanden sich von der Polizei eingekesselt. Es drohten Übergriffe der Polizei. Die Situation war hochgradig angespannt.

Die katholischen Seelsorger Frank Richter und Andreas Leuschner, die
sich unter den Demonstranten befanden, wandten sich mit Ihrer Bitte zu Gewaltlosigkeit an den Einsatzleiter der Polizei Detlef Pappermann, welcher Kontakt ins Rathaus versuchte herzustellen. Währenddessen ließ
Kaplan Richter unter den Demonstranten 23 Vertreter für ein Gespräch
mit Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer auswählen, die von der Menge per Beifall bestätigt wurden. Von ihrem Alter und ihrer sozialen
Zusammensetzung her bildeten die Mitglieder der "Gruppe der 20" einen
wirklichen Querschnitt der Bevölkerung, was sie von kirchlichen und
anderen Gruppen der Bürgerbewegung unterschied, die sich vor allem aus
Angehörigen der Intelligenz zusammensetzten. In ihr waren Studenten, Lehrlinge, Handwerker, Arbeiter und Ingenieure vertreten.

Im Anschluss an die Wahl der Vertreter sammelte Frank Richter auf Zuruf der Demonstranten außerdem noch die Themen und Forderungen für das Gespräch: die Gewährleistung von Reise-, Presse-, Wahl- und Demonstrationsfreiheit, die Legalisierung des Neuen Forum, ein offener und gewaltfreier Dialog in der Gesellschaft und die Freilassung der politischen Gefangenen.

Danach legten die Polizisten unter dem Beifall der Demonstranten als Zeichen des Gewaltverzichts ihre Schilder nieder. Mit der Bekanntgabe des Termins für das erste Rathausgespräch am Morgen des nächsten Tages löste sich die Demonstration friedlich auf.

Erstmals war an diesem 8. Oktober ein gewaltfreier Dialog zwischen den
Demonstranten und der Staats- und Parteiführung in Gang gesetzt worden,
von dem ein wichtiges Signal für die weitere Entwicklung ausging,
insbesondere im Hinblick auf den friedlichen Ausgang der Leipziger
Montagsdemonstration am 9. Oktober.

(Text Auszug aus www.dresden.de)