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Plenum, Aktuelle Debatte, Digitalisierung als Treiber für Gesellschaft und Wirtschaft

Digitalisierung nach Corona hilft Deutschland / hilft Sachsen als Treiber für Gesellschaft und Wirtschaft

(Plenum, Aktuelle Debatte, Antrag CDU, Lars Rohwer)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Pandemie hat vieles verändert. Wir haben es nicht nur in unserem privaten und beruflichen Umfeld gespürt, sondern es auch selbst erfahren.

Nach einer Zeit der Umstellung lief vieles anders: Homeoffice, statt im Office zu sein. Homeschooling, statt in der Schule zu sein. Videokonferenz, statt zu einer Konferenz zu reisen. Was haben wir gelernt? Vieles geht, wenn es gehen muss. Das Jahr der Pandemie hat unserem Land einen Anschub für die Digitalisierung gegeben, der längst überfällig war (auch wenn es eher zwangsläufig war).

Wie es mit der Digitalisierung und der Organisation von Arbeit weitergeht, wenn die Pandemie abgeflaut oder gar überwunden ist, das ist im Augenblick eine der am intensivsten diskutierten Fragen in der Gesellschaft. Viele Herausforderungen haben wir in den Unternehmen, in den Ämtern, in den Schulen und in anderen Einrichtungen und Institutionen in dem Zusammenhang erkannt.

Schneller Internet ist eine Vorraussetzung. Es war nicht überall vorhanden.

Keine richtigen, gut funktionierenden Lernplattformen. 16 Datenschutzbeauftragte der Länder und des Bundes sind bisher nicht imstande, nach einem Jahr eine gemeinsame Rechtsauffassung zu finden, welche Plattformen und welche Videokonferenz-Tools erlaubt sind und welche nicht.

Oder stellen wir die Frage (wenn wir schon bei diesem Thema sind): Ist die Klassenobergrenze von 28 Schülern noch eine aktuelle Debatte? Es ist eine Überlegung wert, zusammen mit Lehrerinnen und Lehrern darüber nachzudenken, dass für Kinder, die das digitale Lernen gut annehmen, die klarkommen, auch von zu Hause lernen lassen können. Diejenigen, die den Lehrer als unersetzbaren Unterstützer beim Lernen in Präsenz brauchen, sind in der Schule. Damit haben wir auf einmal weniger Kinder in der Klasse, aber alle bekommen Bildung und haben einen Lernerfolg.

Oder nehmen wir das Thema Digitalisierung der Vereine, Digitalisierung im Ehrenamt, im Sportverein - es ist so viel möglich. Aber wo sind die Unterstützersysteme, die wir dafür brauchen?

Offensichtlich wird die Notwendigkeit nach mehr Flexibilität in der Neuorganisation der Arbeit bisher verkannt. Hier müssen wir bei dem Thema Datenschutz anpacken, hier muss angepasst werden. Nicht 16 deutsche Datenschutzstandards, sondern ein europäicher Standard soll es sein. Datenschutz ist ein wichtiger Punkt. Den dürfen wir nicht vernachlässigen. Wir benötigen einen Datenschutz, der in der Zukunft positiv in die Bevölkerung gerichtet und anwenderfreundlich ist.

Wir haben im Schnelldurchlauf aber auch vor Augen geführt bekommen, dass die Förderung von Innovation nicht mit den gewohnten Mustern öffentlicher Ausschreibungen zusammenpasst. Ich erinner an die Kontaktnachverfolgungs-App und die Corona-Warn-App.

Zur Digitalisierung in der Gesellschaft und der Wirtschaft: Dafür müssen wir jetzt den Vorschub leisten, indem wir auch vonseiten der Verwaltung mit einem frischen Arbeitsstil vorangehen (in clouds, mit neuen tools, mit Freizeichnungen, mit flexiblen Abläufen). Eine Umwandlung analoger Vorgänge in eine digitale Form; das wird nicht funktionieren.

Wir müssen wirklich neu denken, zunehmend hybrid und digital. Neue Technologien wie Breitbandkommunikation und ein schneller Mobilfunk sollten uns dafür die Flexibilisierungsmöglichkeit geben.

Dieser Tage habe ich mit vielen Menschen darüber diskutiert, was Digitalisierung und KI bedeuten. Dabei ist ein Satz gefallen, den ich auch hier vortragen will, weil ich ihn so bemerkenswert finde: "Künstliche Intelligenz wird häufig heillos überschätzt, aber auch naiv unterschätzt", sagte Dr. Beyer von GlobalFoundries. Jedes digitale Gerät wird über kurz oder lang Künstliche Intelligenz enthalten und damit effektiver sein.

Ich freue mich auf die Debatte in der zweiten Runde.

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Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren,

In der ersten Reaktion gehe ich kurz auf die AfD ein: In der Situationsbeschreibung desses, was nicht geht, sind Sie wirlich unbeschreiblich. Aber in der Beschreibung dessen, was geht und worauf Sie sich festlegen müssten, ist es dünn.

Es ist angesprochen worden: Sind wir Getriebene oder treiben wir die Digitalisierung? Das Bild ist natürlich im Wortspiel verführerisch. Ich gebe zu, dass man darüber gern diskutieren will. Aber halten wir uns die Realitäten vor Augen: Wir müssen die Digitalisierung regelrecht bei den Hörnern packen. Denn die Welt wartet nicht auf uns hier in Sachsen. Wir müssen anfangen, zu gestalten.

Aus meiner Sicht werden intelligente LEDs (früher hätten wir "Glühbirnen" gesagt) Beleuchtungen verbessern und gleichzeitig dafür sorgen, dass Strom gespart wird. Autos werden viele Unfälle vermeiden können. Landmaschinen werden gute Erträge mit geringer Umweltbelastung kombinieren können. Die Düngung wird passgenau möglich. In der Medizin werden die algorithmischen Systeme einen Mehrwert schaffen, indem sie den Mediziner nicht ersetzen, sondern ergänzen. Wir müssen physische und digitale Ansätze miteinander vermischen. Dann wird es so sein, dass der Maschinenbauer, der einst seine Produkte zum Verkauf anbot, die Maschinen verleiht und Service und neue Software inklusive dazugebucht werden können. Oder: Im Sportverein kommen wir zu digitalen Bezahlmethoden und einem intelligenten Parkraummanagement für die Anreise zum Stadion.

Geschäftsmodelle gezielt und in kleinen Schritten zu digitalisieren, erscheint mir sinnvoll. Man sollte nicht immer nur den großen Wurf im Blick haben.

Auf dem Bahnhof dürfen wir Besucherströme nicht nur analysieren, sondern müssen sie leiten. Wir müssen in der Industrie maschinelles Lernen als wichtigen Faktor bei der Vorbereitung von Big Data (Massendaten) verstehen. Dann können wir es schaffen, dass teure Maschinenausfälle in der Just-in-time-Produktion vermieden werden. Die Maschine erkennt selbst, wann Pflege, Wartung und Instandhaltung anstehen. Überall hier hilft Künstliche Intelligenz als Technologie entscheidend, dass deutsche Unternehmen künftig weltweit weiter erfolgreich sein können.

Deshalb haben wir die Debatte angesetzt. Wir sind der Meinung, dass das vonseiten der Verwaltung unterstützt werden muss. Wir brauchen Best-Practice-Beispiele. Wir müssen regelrecht zu einem Gutachtensiegel kommen mit dem wir sagen: Das sind Anwendungen, die datenschutzrechtlich in Ordnung sind. Die haben wir geprüft. Es gibt ein Siegel unter dem man sich bedienen kann. Wir brauchen den KI-Marktplatz in Sachsen, um mit diesen Best-Practice-Beispielen voranzukommen.

Ich möchte anregen, dass die Staatsregierung jetzt einsteigt, noch viel mehr Dienstleister für diese digitalen Innovationen zu werden. Darüber sollte das Kabnett in einem Diskurs mit der Gesellschaft treten, damit wir die Zukunft gestalten können; damit wir die Zukunft bei den Hörnern packen können.

Wenn wir die Künstliche Intelligenz sinnvoll nutzen, wird es Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit, Wettbewebsfähigkeit voranzutreiben. KI wird uns dabei helfen, deutlich besser voran zu kommen. 

Lars Rohwer

Ein letzter Punkt: wir brauchen die regionale Wertschöpfung. Wenn die Systeme (es wurde in der Debatte angesprochen) nicht in Deutschland oder in Europa stehen, sondern sonst wo auf der Welt, findet die Wertschöpfung nicht bei uns vor Ort statt. Wir denken, dass die Wertschöpfung den Bogen spannt von der Landwirtschaft über die Industrie bis hin zu den Dienstleitungen. Dabei können wir die ökonomische Analyse im Sinne eines Ausblicks und die Erörterung der technischen Trends mit der Bevölkerung diskutieren? Vielleicht nehmen wir manchem damit die Sorgen.

Wenn wir jetzt die richtigen Lehren ziehen, können wir aus der Krise eine Chance machen.

Lars Rohwer

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.