Kreishandwerk Dresden Zeitschrift Ii 06 2021

Das Handwerk 2 / 2021 - die neue Ausgabe mit Interview Dr. Markus Reichel & Lars Rohwer

Kreishandwerk Dresden Zeitschrift I 06 2021

"Handwerksbetriebe und Unternehmen benötigen nach der Pandemie mehr denn je Luft zum Atmen."

Bei der Bundestagswahl im September treten Dr. Markus Reichel (Wahlkreis Dresden I) und Lars Rohwer (Dresden II/Bautzen II) für die CDU an. Beide wollen erstmals in den Bundestag einziehen und die Nachfolge von Andreas Lämmel und Arnold Vaatz antreten. „Das Handwerk in der Landeshauptstadt“ sprach mit ihnen darüber, was sie für das Handwerk in und um Dresden bewegen wollen.

1. Herr Dr. Reichel, die Corona-Pandemie beschäftigt das Handwerk über alle Maße. Ein zentraler Punkt für den neuen Bundestag und die neue Regierung wird es sein, die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Wie kann das gelingen?

Wir brauchen spezifische Maßnahmen für die Branchen, die besonders unter der Corona-Pandemie leiden. Sehr große Sorgen macht mir vor allem der stationäre Handel und die Entwicklung unserer Innenstädte. Hier haben wir eine Zeitbombe, die wir rasch entschärfen müssen. Im Sommer müssen Hilfsprogramme hier sehr gezielt ansetzen. Ich hoffe auch, dass sich Tourismus und Gastronomie rasch wieder erholen können. Zum Glückkonnten viele Unternehmen in Industrie, Handwerk und Handel zuletzt stabil arbeiten. Aber hier gilt das zweite und für alle Branchen: ein konsequentes Durchforsten überkommener Regelungen, keinerlei Erhöhung der Steuerlast für Unternehmen, das sehe ich als wichtigen Ansatz für die gesamte Wirtschaft.

2. Herr Rohwer, Themen wie Energiewende und Nachhaltigkeit werden durch die Pandemie in den Hintergrund gedrängt, bleiben aber von großer Bedeutung. Welche Schwerpunkte wollen Sie hier setzen?

Die Themen kehren mit voller Energie zurück. Viele Firmen nutzen die Zeit der Pandemie für Umbauten und Modernisierungen. Mehr Eigenerzeugung von Energie sowie neue Technologien für Energieersparnis & -effizienz zu integrieren, sind jetzt sinnvoll. Handwerker bauen bekanntlich aus, sie erhalten und sanieren. Und wer seine Tatkraft bei der Bewahrung der Schöpfung aktiv kommuniziert, hat Sympathien bei der Anwerbung und Bindung dringend gesuchter Fachkräfte. Photovoltaik und Energiespeicher, Wasserstoff und Wärmespeicher - das Handwerk spielt eine Vorreiterrolle in der Anwendung erneuerbarer Energien, dies will ich in jedem Fall unterstützen.

3. Ein wichtiges Anliegen des Handwerks ist der Abbau von Bürokratie. Welche Möglichkeiten sehen Sie, um den Mittelstand zu entlasten?

Reichel: Unternehmen sind Kunden und nicht Bittsteller der Verwaltung. Wir müssen mehr auf die Verantwortung des einzelnen Bürgers und Unternehmers setzen. Beispiel: Brandschutz - übertreiben wir hier nicht? Die Zeche bezahlen die sozial Schwächeren, oder aber die Öffentliche Hand, wenn die Kosten z.B. für Schulbauten aus dem Ruder laufen. Das Betriebsbeauftragtenwesen - ich kenne ein Unternehmen, in dem 44 Beauftragte auf 52 Mitarbeiter verteilt werden mussten!

4. Bleiben wir beim Thema Entlastungen: Auch bei den Steuern hofft das Handwerk auf gezielte Impulse, z. B. die Senkung der Unternehmenssteuer. Wie stehen Sie dazu?

Rohwer: Die Unternehmenssteuern müssen runter, auch um international konkurrenzfähig zu bleiben. Der Schuldenabbau steht an, die schwarze Null als Haushaltsziel ist notwendig, dazu gehört die Gewährleistung einer hohen Beschäftigungsquote, denn dann verteilen sich die Kosten.

5. Essentiell für das Handwerk ist die Fachkräftegewinnung. Wo wollen Sie ansetzen, um die Attraktivität der beruflichen Bildung zu steigern und eine Gleichwertigkeit mit der akademischen Bildung zu erreichen?

Reichel: Das Grundproblem ist die finanzielle Benachteiligung der beruflichen Bildung. Konkret bedeutet das, bei den SV-Beiträgen die Familienversicherung der Auszubildenden zu klären. Und die Finanzierung der Meisterausbildung muss der eines Studiums angeglichen werden.

6. Ein wesentlicher Belastungsfaktor für personalintensive Handwerksbetriebe sind die Lohnzusatzkosten. Wie kann es gelingen, auch über 2021 hinaus, die Beiträge zu den Sozialversicherungen dauerhaft auf unter 40 Prozent zu begrenzen?

Rohwer: Die Sozialabgabenquote bei unter 40% zu stabilisieren muss auch im nächsten Koalitionsvertrag gelingen. Das Instrument einer Bezuschussung aus dem Bundeshaushalt halte ich nur in festen Grenzen für zielführend. Handwerksbetriebe und Unternehmen benötigen nach der Pandemie mehr denn je die Luft zum Atmen.