Plenum Regierungsbefragung Scholz

21. 10.2022 - Hitzige Diskussionen im Plenum

Die Woche im Bundestag

Demokratie bekommt oft den (begründeten) Vorwurf zu hören, sie sei schwerfällig und langsam. Aus gutem Grund ist unser politisches System in Deutschland aber eine repräsentative Demokratie, die im Kern auf Kompromiss aufbaut, um so die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen mit ihren unterschiedlichen Ansprüchen an den Staat zusammenzubringen. In den Krisensituationen der vergangenen Jahre kann man aber entgegen dem Vorwurf sehen, wie im Notfall auch sehr schnell entschieden werden kann. Regierung und Parlament haben beispielsweise in der Corona-Pandemie, aber auch zu Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine sehr zügig weitreichende Entscheidungen getroffen. Momentan befinden wir uns in einer "Hängepartie".

Im jährlichen Verbraucherreport (Erhebungszeitraum August 2022) stellt die Verbraucherzentrale fest: Im Bereich Strom und Heizung sehen immer weniger Menschen ihre Interessen gut geschützt. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich das empfundene Schutzniveau halbiert. In der aktuellen Befragung gibt rund die Hälfte (48%) der Befragten an, sich in diesem Bereich eher nicht gut bzw. gar nicht geschützt zu fühlen. Im Jahr 2021 waren es lediglich 24%. (Mehr dazu hier.)

Wir wollen eine Gaspreisbremse. Aber wir sind nicht bereit, der Ampel einen Blankocheck über 200 Mrd. Euro auszustellen.

Lars Rohwer MdB

Wir, als CDU/CSU-Bundestagsfraktion wollen spürbare Entlastungen für die Bürger und Unternehmen. Hierzu ist nach der Vorstellung der Regierung eine Reaktivierung und Neuausrichtung des in Corona-Zeiten eingerichteten Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) geplant. Wir haben angesichts der explodierenden Energiepreise eine dezidiert konstruktive Haltung bezüglich gezielter und erforderlicher Entlastungen von Bürgern und Unternehmen eingenommen. Doch die Bundesregierung schweigt zur Ausgestaltung von Gaspreisbremse, Strompreisentlastungen, schnellen Unternehmenshilfen und Einmalzahlung im Dezember.

Auch im vorliegenden Fall zeigt sich wieder, dass die Ampel ohne Konzept und haushalterisch unsolide handelt. Statt 200 Mrd. Euro ins Schaufenster zu stellen, hätte die Ampel ein konkretes und wirksames Entlastungskonzept inklusive solider Finanzierung vorlegen müssen. Hierzu gehören:

  • Der WSF bzw. dessen Wirtschaftsplan muss mit konkreten Maßnahmen und konkreten Zahlen hinterlegt werden. Hierzu gehört neben Gas- und Strompreisbremse auch, eine wirksame finanzielle Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen sicherzustellen.
  • Auf eine gesonderte Kreditermächtigung im WSF wollen wir verzichten. Die notwendigen Mittel müssen über die Bundeshaushalte 2022 sowie 2023 und ggf. 2024 zugeführt werden.
  • Aufstellung eines konkreten und verbindlichen Tilgungsplans.

Im Ergebnis werden wir dem Gesetz nicht zustimmen und umso nachdrücklicher für unsere eigenen Forderungen aus einem solide finanzierten Mix von Entlastung, Energieeinsparung und Energieangebotsausweitung werben. Dies werden wir auch im Rahmen eines (hier verlinkten) Entschließungsantrags verdeutlichen.

Unionsantrag: "Entlastungspaket und Notfallfonds einrichten, um Schaden von unserem Wissenschaftssystem abzuwenden"

Auch in meinem Arbeitsbereich des Forschungsausschusses ist das Thema relevant! Deutschland hat eines der leistungsstärksten Wissenschaftssysteme der Welt. Wissenschaft und Forschung können in Krisenzeiten den Handlungsraum von Politik erweitern. Beispielsweise war die Erforschung und Entwicklung eines wirksamen Impfstoffes gegen Corona für Deutschland und die Welt ein großer Befreiungsschlag. Umso wichtiger ist es, dass die Wissenschaft in der aktuellen Energiekrise nicht vergessen wird. Die hohen Energiepreise stellen für Wissenschaft und Forschung eine existenzielle Bedrohung dar. Überall dort, wo an Zukunft gedacht, geforscht und getüftelt wird, darf nicht der Stecker gezogen werden. Wir fordern die Bundesregierung deshalb eindringlich dazu auf, die Hilferufe aus der Wissenschaft ernst zu nehmen und gemeinsam mit den Ländern kurzfristig einen Energiegipfel für die Wissenschaft einzuberufen. Es braucht schnellstmöglich ein zielgerichtetes Entlastungspaket für die Wissenschaft und einen Notfallfonds für die besonderen Belange von Wissenschaft und Forschung.

Aus dem Umverteilungs-Wumms muss schleunigst ein ordentlicher Wumms für die Zukunft werden! Eine gute Zukunft gelingt nur mit und nicht ohne eine leistungsstarke Wissenschaft. Die aktuelle Tatenlosigkeit von Bundesforschungsministerin Stark-Watzinger ist daher inakzeptabel.

Finanzreform der gesetzlichen Krankenversicherung von der Ampel beschlossen


Für das Jahr 2023 wird das Defizit in der Gesetzlichen Krankenversicherung 17 Milliarden Euro betragen. In den kommenden Jahren wird es weiter erheblich ansteigen. Das Gesetz der Ampel ist leider trotz seines Namens kein Finanzstabilisierungsgesetz, sondern ein Problemverschiebegesetz. Im Rahmen unserer oppositionellen Mitwirkungsrechte haben wir unseren Einfluss geltend gemacht.

Zahlreiche Zuschriften aus meinem Wahlkreis und Vor-Ort-Termine haben drei große Problemblöcke deutlich gemacht, die sehr konkret bei den Menschen ankommen. Das sind:

  1. die wirtschaftliche Situation medizinischer Einrichtungen (Krankenhäuser sowie Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen) durch kontinuierlich steigende Kosten - nicht nur bei der Energie;
  2. niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, die sich aufgrund der Neupatientenregelung um die Wartezeiten für die Patienten sorgen; und
  3. Apothekerinnen und Apotheker, die die flächendeckende und wohnortnahe Versorgung infrage stellen, wenn Abschläge erhöht werden.

In allen drei Bereichen haben wir eigene Anträge vorgelegt (u.a. die Beibehaltung der bisherigen Abschlagshöhe für Apotheken sowie ein rückwirkender Ausgleich von inflationsbedingten Mehrkosten)

Mit den vorgelegten Maßnahmen wird aus unserer Sicht keines der strukturellen Defizite angegangen. Wir haben das Gesetz deshalb abgelehnt. Einsparungen dürfen kein Selbstzweck sein, sondern müssen angemessen und zielgerichtet erfolgen. Wir werden als Unionsfraktion die Folgen des so verabschiedeten Gesetzes genau beobachten und uns weiter einsetzen.

Die Zusammenfassung der gesamten Debatte (mit allen Beiträgen und unterschiedlichen Anträgen) ist auf der Internetseite des Bundestages zu finden.

CO2-Bepreisung von Abfallverbrennung wird zu steigenden Müllgebühren führen

Der Deutsche Bundestag hat in dieser Woche in 2./3. Lesung das Zweite Gesetz zur Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes behandelt.

Dass die Abfallverbrennung ab Januar 2024 mit einem CO2-Preis belegt wird, ist das falsche Signal zur falschen Zeit. Denn das führt zu steigenden Gebühren bei der Müllentsorgung. Die mit der CO2-Bepreisung angestrebte Lenkungswirkung wird im Bereich der Müllverbrennung trotzdem kaum erreicht werden. Die Koalition geht damit einen nationalen Alleingang, anstatt im Einklang mit den europäischen Partnern zu handeln. Auf EU-Ebene wird diskutiert, die Abfallverbrennung ab 2026 in das europäische Emissionshandelssystem einzubeziehen. Das wäre der richtig Weg gewesen. Die thermische Abfallbehandlung ist in Deutschland eine der tragenden Säulen einer sicheren Abfallentsorgung. Das sollte nicht mit einer weiteren CO2-Bepreisung "bestraft" werden. Das bisherige Prinzip sieht vor, dass der/diejenige, die das Produkt in den Markt bringen für die CO2-Abgabe zuständig sind. Die Entsorger werden Mehrkosten auf die Verbraucherinnen und Verbraucher umlegen. Entgegen ihrer eigenen Ankündigung, die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen nicht zusätzlich belasten zu wollen, wird die Ampelregierung bei den Müllgebühren zum Inflationstreiber.

Foto Plenum: Kira Hoffmann/photothek